Erstorientierungskurs für Eltern erfolgreich gestartet

19.12.2023

Deutsch lernen und das Leben in Deutschland verstehen, während die Kinder in der Schule sind – ein neuartiger Deutschkurs in Marl macht’s möglich. Hierbei handelt es sich um eine Kooperation zwischen der August-Döhr-Grundschule, dem Albert-Schweitzer-/Geschwister-Scholl-Gymnasium (ASGSG), der insel-Volkshochschule und der Beratungsstelle für schulische Integration. Der Einstieg in den Kurs ist je nach Verfügbarkeit jederzeit möglich. Die Teilnahme ist freiwillig und kostenlos.

„Dieser Kurs richtet sich speziell an Eltern, die bisher noch keinen Deutschkurs besuchen konnten und noch nicht über Deutschkenntnisse verfügen“, so VHS-Leiter Uwe Frank Bauch. Das Angebot findet ausschließlich parallel zum Schulunterricht der Kinder statt. Während sie die Sprachfördergruppen an den beiden Schulen besuchen, drücken ihre Eltern vier Mal in der Woche die Schulbank. Momentan wird das Angebot von achtzehn Müttern wahrgenommen, doch auch Väter sind willkommen. Ziel ist es, die Teilnehmenden in insgesamt 300 Unterrichtsstunden dabei zu unterstützen, typische Alltagssituationen zu meistern. Deshalb wird hier Deutsch lebensnah und für die Praxis gelernt: Themen wie „Werte und Zusammenleben“, „Schule und Kindergarten“, „Behördengänge“ oder „Arztbesuche“ stehen auf dem Lehrplan.

Wie funktioniert das Leben in Deutschland? Was passiert in einer Schule? Wo bekomme ich Hilfe, wenn ich welche brauche? Am Anfang dreht sich zunächst alles um die Grundlagen. „Der Kurs bietet eine erste Orientierung und leistet damit einen wichtigen Beitrag zu einem guten Ankommen in Deutschland“, sagt Marina Chatziioannidou, VHS-Fachbereichsleiterin für Sprachen und Integration. „So sollen Schwellenängste der Eltern beseitigt und Selbständigkeit gefördert werden.“ Die Kursgruppe ist bunt gemischt: die Teilnehmenden kommen aus der Ukraine, Syrien, der Türkei und Italien. Unter ihnen sind sowohl Akademikerinnen als auch Analphabetinnen. „Das bedeutet, dass neben hochgebildeten Menschen auch solche teilnehmen, die das Lernen erst für sich entdecken müssen. Es ist eine große Herausforderung für die Kursleitung, diese Kluft zu überbrücken und dafür zu sorgen, dass alle Teilnehmenden mit Begeisterung lernen und ihr Deutsch ausbauen können“, so Marina Chatziioannidou.

Dozentin Mariia Emmerich ist selber Mutter. Sie kam vor elf Jahren aus der Ukraine nach Deutschland. Deshalb versteht sie genau, was die Teilnehmenden in ihrem Kurs brauchen. „Die Struktur des Kurses kommt ihnen und ihren Bedürfnissen sehr entgegen“, sagt sie. Der Kurs findet dort statt, wo auch ihre Kinder lernen, ist kostenlos und niederschwellig. Auch die Unterrichtszeiten sind so angelegt, dass es nicht zu Betreuungsproblemen kommt: Wenn um 8.15 Uhr die erste Stunde für die Eltern beginnt, haben sie ihre Kinder bereits in deren Klassenräume begleitet. „Dieser Kurs ist das Ergebnis wichtiger Vernetzungsarbeit zwischen unseren Schulen, der VHS und der Beratungsstelle für schulische Integration. So wird unser Schulstandort zusätzlich zu einem Bildungszentrum für Eltern. Und sie da zu unterrichten, wo sie sowieso jeden Tag hingehen – das ist gelebte Integration“, erklärt Schulleiterin Braun von der August-Döhr-Schule.

„Deutsch ist die Sprache der Schule und sollte auch Sprache des Elternhauses sein“, ergänzt ASGSG-Schulleiterin Dorothee Schlüter. „Zuletzt zeigten die Ergebnisse der neuesten PISA-Studie wieder, wie sehr der schulische Erfolg der Kinder vom Elternhaus abhängig ist.“ Nach der neuen Studie schneiden Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund häufig schlechter ab als Kinder ohne Einwanderungshistorie. Der Kurs soll diesem Defizit entgegenarbeiten. Und die einstige Idee ist jetzt schon erfolgreich: es sollen noch weitere Kurse stattfinden.

Der Erstorientierungskurs wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert.

Kursteilnehmerinnen mit Kursleiterin Mariia Emmerich und den Projekt-Verantwortlichen (Rektorin der August-Döhr-Schule Frau Braun, ASGSG-Leiterin Dorothee Schlüter, ASGSG-Lehrerin Daniela Graw, Kulturamtsleiter Andreas Steinberg, VHS-Leiter Uwe Frank Bauch, VHS-Sachbearbeiterin Maren Kappelmann, Sozialarbeiter Daniel Hein von der Beratungsstelle für schulische Integration und VHS-Fachbereichsleiterin für Sprachen und Integration Marina Chatziioannidou). Foto: Stadt Marl / Pressestelle.

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